Auch wenn der Begriff der Work-Life-Integration noch nicht allzu geläufig ist, leben und arbeiten wir schon längst nach diesem Prinzip. Denn ganz bestimmt haben Sie sich auch schon dabei ertappt, wie Sie während der Arbeitszeit Ihre Social-Media-Kanäle gecheckt oder einen privaten Anruf entgegengenommen haben. Kurz darauf macht sich dann das schlechte Gewissen breit, denn am Arbeitsplatz sollten wir uns schließlich nur Themen widmen, die unmittelbar mit unserem Job zu tun haben – oder?
Work-Life-Balance hat ausgedient
Die Stilisierung von Beruf und Freizeit als klare Gegenstücke ohne direkten Bezug zueinander hat eine lange Tradition. Insbesondere der stetig wachsende Wunsch nach der Vereinbarkeit von Karriere und Familie hat den mittlerweile viel zitierten Begriff der Work-Life-Balance populär gemacht. Gemeint ist damit ein Idealzustand, in dem unser Privat- und Berufsleben miteinander im Einklang sind bzw. in einem optimalen Gleichgewicht zueinanderstehen. Doch können wir Beruf und Freizeit vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung wirklich noch als unabhängig voneinander betrachten? Sind nicht beide Bereiche ein wichtiger Teil unserer Identität?
Spätestens seit der Corona-Pandemie ist eine formelle Trennung zwischen Arbeit und Privatleben kaum noch möglich. Homeoffice ist längst keine Ausnahme mehr – die Mehrheit der Arbeitnehmer*innen hat in den letzten zwei Jahren vom Küchentisch aus an Meetings teilgenommen und zwischen den Terminen die Spülmaschine ausgeräumt, die Katze gefüttert oder die Kinder beim Homeschooling unterstützt. Neue Kommunikationswege sorgen für eine permanente Erreichbarkeit – das gilt sowohl für berufliche Belange als auch für unser Privatleben. Je verbissener wir also versuchen, diese Sphären voneinander zu trennen, desto stärker konkurrieren sie miteinander. Das Konzept der Work-Life-Balance hat ausgedient. Der neue Trend auf dem Arbeitsmarkt nennt sich Work-Life-Integration.
New-Work-Trend: Work-Life-Integration
Der Begriff Work-Life-Integration beruht auf der Annahme, dass die Schnittmenge zwischen Freizeit und Beruf stetig zunimmt. Der Fokus des New-Work-Trends liegt darauf, zwei bereits eng miteinander verbundene Lebensbereiche bedarfsorientiert ineinander zu integrieren. Fehlende Ressourcen (in der Kinderbetreuung) sowie persönliche Ängste (vor einem Jobverlust oder finanziellen Engpässen), die vor allem durch die Corona-Pandemie entstanden sind, haben unseren (Arbeits-)Alltag nachhaltig verändert. Da wir verstärkt von zu Hause aus arbeiten, ist es schwierig, unsere volle Aufmerksamkeit zielgerichtet nur einer Sache zu widmen. Es bedarf also einer individuellen Integrationsstrategie, die es uns einerseits erlaubt, in der Schlange an der Supermarktkasse geschäftliche E-Mails zu beantworten, und uns andererseits Raum bietet, unseren Workflow durch eine spontane Sporteinheit im Park zu unterbrechen.
Insbesondere die jüngeren Generationen (Y und Z) wünschen sich mehr Freiräume und Flexibilität, wenn es um den Job geht. Die Gehaltsfrage ordnet sich zunehmend wichtigeren Themen wie der physischen und psychischen Gesundheit sowie einer sinnstiftenden Tätigkeit unter. Unternehmen sollten im Konzept der Work-Life-Integration die Chance sehen, einen Zustand, der ohnehin bereits Alltag ist – nämlich die flexible Mediennutzung zu jeder Zeit an jedem Ort – in geordnete Bahnen zu lenken.
Wie kann Work-Life-Integration in der Praxis aussehen?
Wir starten mit einer Yoga-Einheit in den Tag, bearbeiten dann beim Frühstück die ersten Mails und koordinieren Meetings. Anschließend bringen wir die Kinder in die Schule und sitzen danach pünktlich vor der Kamera, um am Videocall teilzunehmen. Weil wir total im Workflow sind und unsere To-Do-Liste schneller abarbeiten als gedacht, treffen wir uns spontan mit Freunden zum Mittagessen, holen dann die Kinder wieder ab und helfen bei den Hausaufgaben. Dazwischen erledigen wir noch das ein oder andere Telefonat und stimmen uns mit den Kolleg*innen zu einem Projekt ab. Abends wird noch ein wichtiges Angebot rausgeschickt, bevor wir den Tag gemütlich mit unserer Lieblingsserie ausklingen lassen.
Dass das Work-Life-Integration-Konzept nicht branchenübergreifend funktioniert und letztendlich auch Typ-Sache ist, ist klar. Nicht jeder Mensch findet Erfüllung in einer derartig engen Verknüpfung seines Berufs- und Privatlebens. Voraussetzung ist zudem, dass sich Unternehmen aus veralteten Denkmustern befreien, die Stechuhr verbannen und stattdessen auf Homeoffice und Vertrauensarbeitszeit setzen.
Selbstmanagement ist das A und O
Natürlich entbindet Work-Life-Integration nicht vom Selbstmanagement. Damit das Konzept funktioniert, müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Mit der Grundlage, die das Unternehmen schafft, müssen Mitarbeitende auch verantwortungsbewusst umgehen. Kompetenzen wie Selbstdisziplin, eine sinnvolle Zeiteinteilung und Effizienz müssen bei der Work-Life-Integration fester Bestandteil des Alltags sein. Welche Form des Arbeitens die optimale Balance zwischen Beruf und Freizeit bietet, muss letztlich jeder selbst für sich herausfinden.
Unser Personalrezept beruht in jedem Fall auf der Überzeugung, dass Erholung einer der wichtigsten Faktoren ist, um langfristig gesund und zufrieden zu bleiben. Ob unsere Mitarbeitenden die Erholungsphasen während oder nach der Arbeit einbauen, spielt für uns keine Rolle. Die Basis für eine vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit ist vor allem die Freude am Job!