Frau Mustermann hat die ihr übertragenen Aufgaben zufriedenstellend erfüllt, behielt bei starker Arbeitsbelastung die Übersicht und war noch dazu höflich im Umgang mit Teammitgliedern. Das hört sich doch gar nicht so schlecht an – oder? Aber Vorsicht. Zeugnissprache ist nicht ohne.
Gesetzlich sind Unternehmen zur Erteilung eines wohlwollenden und zugleich wahrheitsgetreuen Arbeitszeugnisses verpflichtet. Offene Kritik, die dem ehemaligen Mitarbeitenden das berufliche Fortkommen erschweren könnte, ist tabu. Um negative Anmerkungen dennoch im Zeugnis unterbringen zu können, greifen viele Personalentscheidende auf eine Art „Geheimsprache“ zurück, die zunächst wohlwollend klingt, bei genauer Betrachtung aber einen unschönen Subtext enthält. Dabei gilt es auch darauf zu achten, was NICHT im Zeugnis steht. Denn Auslassungen sind ein ebenso probates Mittel für eine mangelhafte Beurteilung. Oder würden Sie einen Vertriebsmitarbeitenden einstellen, dessen Arbeitszeugnis keinerlei Hinweis auf seinen Umgang mit Kunden liefert?
Oft entscheiden feinste sprachliche Nuancen über die Wertung. Das Problem dabei: Nicht jedes Zeugnis wird von einer erfahrenen Fachkraft geschrieben, die sich mit den gängigen Formulierungen auskennt. Auch deshalb werden die tatsächliche Aussagekraft und Authentizität der Dokumente immer häufiger infrage gestellt. Trotzdem können wir aus eigener Erfahrung sagen, dass Arbeitszeugnisse im Bewerbungsprozess nach wie vor einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Zwar wird allein auf Basis eines sehr guten Arbeitszeugnisses heute niemand mehr eingestellt, dennoch lohnt es sich, auch zwischen den Zeilen zu lesen. Denn die Arbeitsergebnisse von eingangs erwähnter Frau Mustermann waren maximal durchschnittlich, bei starker Arbeitsbelastung zeigte sie sich überfordert und das Verhältnis zu den Teammitgliedern war angespannt. Ein genauerer Blick in die Tiefen der Zeugnissprache ist also zu empfehlen.
Haben Sie auch ein Arbeitszeugnis erhalten, dessen Formulierungen Sie nicht deuten können? Gerne prüfen wir das Dokument auf formale und inhaltliche Richtigkeit.
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