23.02.2023
ArbeitsweltKarriere
Alexandra Ott

Ich komme dann doch nicht: die Kündigung vor dem ersten Arbeitstag

Mit der Unterschrift auf dem Arbeitsvertrag ist doch alles besiegelt. Die passende Person für die Stelle ist nach einem mehr oder weniger langen Prozess endlich gefunden. Die Formalitäten sind geregelt und beide Seiten versichern sich die Freude auf die Zusammenarbeit. Dann das: Kurz vor dem vereinbarten Starttermin flattert dem Unternehmen die Kündigung auf den Tisch.

Die Stelle bleibt weiterhin unbesetzt und die Recruiting-Maschinerie wird wieder angeworfen. Das wirkt sich nicht zwingend positiv auf die entsprechende Abteilung aus. Außerdem bleibt die Frage nach dem „Warum?“.

Die Kündigung vor Arbeitsantritt ist keine Seltenheit mehr.

Branchenübergreifend gibt es sie immer häufiger: die Kündigung vor dem ersten Arbeitstag (iStock/diego cervo)

Gründe für eine Kündigung vor dem ersten Arbeitstag

Der Wunsch-Arbeitgeber hat sich erst nach Vertragsunterschrift gemeldet

Wer möchte schon hören, dass er nicht die erste Wahl gewesen ist? Manchmal ist das eben so. Da hat sich die Konkurrenz mit ihrem Angebot nur mehr Zeit gelassen und schon nutzt die ganze trockene Tinte unter dem Vertrag nichts mehr.

Der aktuelle Arbeitgeber verbessert die Konditionen

Geben Mitarbeitende ihren anstehenden Wechsel bekannt, kann das beim aktuellen Arbeitgeber ungeahnte Verhandlungsbereitschaft auslösen. Ganz plötzlich sind weder Gehaltserhöhungen noch konkrete Karriereschritte ausgeschlossen. Viele Wechselwillige verfahren nach dem Motto „Hier weiß ich was ich habe“, und entscheiden sich für eine Kündigung ihres neuen Arbeitsvertrags.

Die Lebensumstände haben sich unerwartet geändert

Plötzlich ist alles ganz anders. Der Unfall oder Tod einer nahestehenden Person kann von einem Moment auf den anderen die Prioritäten neu ordnen. Es gibt Ausnahmesituationen, in denen sich Arbeitnehmende nicht noch „on top“ den Risiken eines Jobwechsels aussetzen.

 

Genaue Zahlen gibt es nicht, aber eine Kündigung vor dem tatsächlichen Starttermin ist keine Seltenheit mehr. Und das gilt branchenübergreifend. Wird eine Kündigung vor Arbeitsantritt im Vertrag nicht explizit ausgeschlossen, sind die rechtlichen Hürden nicht hoch. (Nebenbei: Das gilt für beide Seiten. Auch ein Arbeitgeber kann eine Kündigung vor dem ersten Arbeitstag aussprechen.) „Gefährlich“ ist der oft lange Zeitraum zwischen Vertragsunterschrift und dem tatsächlichen Starttermin. Innerlich haben sich Arbeitnehmende von ihrem alten Arbeitgeber bereits losgesagt, zum neuen aber noch keine Loyalität aufgebaut. Bedingt durch die Pandemie wurden in den letzten Jahren Bewerbungsprozesse größtenteils virtuell umgesetzt. Der fehlende Kontakt ist nicht zu unterschätzen. Wer sich früh im Prozess persönlich kennenlernt, fühlt sich seinen Gesprächspartnern gegenüber häufig stärker verpflichtet.

 

Sind Unternehmen dem Risiko hilflos ausgesetzt?

Nein. Aber ein Mangel an Verbindlichkeit ist auch bei Firmen festzustellen. Dabei gäbe es viele Wege, um der Kündigung vor dem ersten Arbeitstag entgegenzuwirken. Ein gutes Onboarding reduziert sich nicht auf die Übergabe eines funktionsfähigen Rechners. Es fängt bereits mit einem wertschätzenden, professionellen Einstellungsprozess an. Und nach der Unterschrift gilt es, die Zeit bis zum Start für die Beziehungspflege zu nutzen. Wo es möglich ist, sollten neue Mitarbeitende frühzeitig eingebunden werden. Warum nicht in dieser Übergangsphase bereits zu einem Team-Event einladen, über erfolgreiche Projekte berichten oder einfach mal anrufen und fragen, wie es geht? Es braucht nicht viel, um zu vermitteln:  Bei uns zu unterschreiben, war die richtige Entscheidung!

 

 

 

 

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