14.04.2022
Arbeitswelt
Philomena Niebergall

Arbeitskonflikte: Ohren auf!

„Ein Mensch kann nicht nicht kommunizieren“ – dieses berühmte Zitat stammt von Paul Watzlawick, einem der bekanntesten Kommunikationswissenschaftler der Geschichte. Was er damit gemeint hat ist, dass der Mensch nicht nur mittels Sprache kommuniziert, sondern auch durch Mimik und Gestik. Selbst wenn wir kein Wort sagen, senden wir im Rahmen der zwischenmenschlichen Kommunikation nonverbale Botschaften. Das kann vor allem im beruflichen Kontext zu Spannungen führen. Arbeitskonflikte haben viele Auslöser. Die häufigsten Ursachen und wie man mit ihnen umgehen kann, verraten wir in diesem Blogbeitrag.

Arbeitskonflikte beeinträchtigen die Produktivität am Arbeitsplatz.

Wer Arbeitskonflikte lösen möchte, sollte die Ohren offen halten (unsplash/Gary Bendig)

Ursache von Konflikten

Jede Art der Kommunikation weist einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt auf. Der Inhaltsaspekt ist die reine Information, die verbal auf der Sachebene mitgeteilt wird. Die Beziehung der beteiligten Kommunikationsparteien zueinander beeinflusst jedoch, wie die Information vom Gegenüber aufgenommen wird.

Beispiel: Ein*e Kolleg*in erklärt Ihnen etwas, das Sie nicht verstehen (Sachebene). Wie Sie mit der Information umgehen, hängt auch davon ab, in welcher Beziehung Sie zu der Person stehen (Beziehungsaspekt).

  • Finden Sie die Person sympathisch, freuen Sie sich vermutlich über die Hilfestellung und hören aufmerksam zu.
  • Ist Ihnen die Person allerdings unsympathisch, kann es sein, dass Sie sich belehrt oder bloßgestellt fühlen, und hören nicht richtig zu.

Unterschiedliche soziale und kulturelle Hintergründe, das persönliche Wertesystem, Konkurrenzdenken, Vorurteile, Misstrauen, Antipathie und mangelnde Wertschätzung können die Kommunikation am Arbeitsplatz beeinträchtigen. Müssen wir mit einer Person zusammenarbeiten, zu der wir eine schlechte Beziehung haben, kann der vermeintlich sachliche Austausch von Informationen schnell in einen Konflikt münden.

Das „Vier-Ohren-Modell“

Friedemann Schulz von Thun entwarf eines der heutzutage gängigsten Kommunikationsmodelle: das sogenannte „Vier-Ohren-Modell“ (auch als Kommunikationsquadrat bekannt). Es besagt, dass jede Art der Kommunikation auf vier verschiedenen Ebenen abläuft: nämlich auf der Sachebene, der Ebene der Selbstkundgabe, der Beziehungs- und der Appellebene. Demnach kann eine Aussage auf vierfache Weise wirksam sein. Um dieses Prinzip zu veranschaulichen, werfen wir gemeinsam einen Blick folgenden Satz: „Im Essen fehlt Salz.“

Sachebene = „worüber ich informiere“
Beispiel: „Das Essen ist nicht salzig genug.“

Selbstkundgabeebene =
„was ich durch meine Kommunikation von mir zu erkennen gebe“
Beispiel: „Mir würde das Essen besser schmecken, wenn es salziger wäre.“

Beziehungsebene
= „was ich von dir halte, bzw. wie ich zu dir stehe“
Beispiel: „Nie hörst du mir zu! Du musst doch wissen, dass ich gerne viel Salz esse.“

Appellebene
= „was ich erreichen möchte“.
Beispiel: „Gib mir bitte den Salzstreuer.“

Anhand dieses Beispiels lässt sich erahnen, wie schnell eine unterschiedliche Gewichtung der verschiedenen Ebenen zu einem Konflikt führen kann. Nur dann, wenn sich Sender*in und Empfänger*in auf der gleichen Kommunikationsebene bewegen, ist ein unmissverständlicher Austausch möglich.

Grundmuster der Konfliktbewältigung

Jeder Mensch gewichtet die vier Ebenen im Rahmen der täglichen Kommunikation unterschiedlich stark – ganz abhängig von individuellen Lebenserfahrungen und dem persönlichen Umfeld. Jedoch können wir unser Kommunikationsverhalten aktiv trainieren, um so nicht nur Arbeitskonflikte zu vermeiden. Präzise Kommunikation und objektives Zuhören sind hier der Schlüssel zum Erfolg!

Die Konfliktbewältigung im Rahmen von Arbeitskonflikten sollte möglichst zeitnah erfolgen, um zu verhindern, dass sich eine kleine Meinungsverschiedenheit zu einem Streit aufschaukelt. Wir empfehlen daher folgende Herangehensweise:

(1) Vorbereitung = objektive Analyse der Konfliktsituation; Kontakt zu Konfliktparteien herstellen, um Hintergründe des Konflikts zu verstehen; Voraussetzungen für ein direktes Gespräch schaffen

(2) Eröffnung = gemeinsam die Ausgangslage klären sowie Schritte des Vorgehens, Spielregeln, Rolle der Moderation und Zeitplan

(3) Konfrontation = Parteien stellen ihre Sicht dar; Gegenseite kann Klärungsfragen stellen, aber keine Interpretationen, Wertungen oder Stellungnahmen vornehmen

(4) Auswertung = Konfliktmaterial wird gemeinsam gesichtet, geordnet, geklärt und ausgewertet; Wertefreiheit ist hier von enormer Wichtigkeit, um Aggressionen, Vorurteile und Misstrauen zwischen den Parteien abzubauen

(5) Verhandlung = Parteien klären, welche sachlichen Interessen und emotionalen Bedürfnisse im Vordergrund stehen, suchen Lösungsmöglichkeiten und vereinbaren angepasste Vorgehensweisen und Spielregeln für die Zukunft

(6) Realisierung = die Qualität der gefundenen Lösung zeigt sich in der Umsetzung im Alltag; Anpassung und eine erneute Evaluation erfordern oftmals viel Zeit und Energie

Fazit

Arbeitskonflikte beeinflussen die Produktivität, den Zusammenhalt und das allgemeine Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Wenn Sie das Konfliktpotenzial innerhalb eines Teams oder zwischen bestimmten Gesprächspartner*innen identifizieren und eindämmen möchten, sollten Sie folgenden Test machen: 4-Ohren-Test

 

Und? Auf welchem Ohr hören Sie?

 

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