28.04.2022
Arbeitswelt
Laura Adler

Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz

Egal ob am Arbeitsplatz oder im privaten Umfeld – wenn es um das Thema psychische Gesundheit geht, mangelt es in unserer Gesellschaft nach wie vor an Offenheit. Dabei leidet laut der Bundespsychotherapeutenkammer jeder dritte Erwachsene im Laufe eines Jahres an einer psychischen Erkrankung. Depressionen, mentale Erschöpfung, Burn-out und Co. sind längst keine Ausnahmeerscheinungen mehr und nicht selten nennen Betroffene ein zu hohes Arbeitsaufkommen oder ein schlechtes Betriebsklima als Ursache. Auch die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass die Arbeitsausfälle aufgrund psychischer Belastungen rasant gestiegen sind. Aber wie können wir in Krisenzeiten mit mentaler Belastung am Arbeitsplatz umgehen?

Bei dem Thema psychische Gesundheit mangelt es in unserer Gesellschaft nach wie vor an Offenheit.

Zwischen Führungskultur und psychischer Gesundheit von Teammitgliedern besteht ein Zusammenhang (iStock/bsd555)

Mentale Belastung im Homeoffice

Die Kontaktbeschränkungen im Rahmen der Corona-Krise haben in Unternehmen zu einer stärkeren Verbreitung von Homeoffice-Regelungen und zweitweise sogar zu einer Homeoffice-Pflicht geführt. Die Kommunikation zwischen Kolleg*innen und mit Führungskräften fand über mehrere Monate hinweg ausschließlich digital statt – eine Videokonferenz reihte sich an die nächste, der Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden war möglicherweise schlecht eingerichtet und ein Austausch jenseits fachlicher Themen entfiel komplett. Mittlerweile treten die daraus entstandenen Belastungen immer stärker in den Vordergrund.

Eine Studie der Technischen Universität Chemnitz in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse ergab, dass sich jede vierte befragte Person durch die zunehmende Verschmelzung von Beruf und Privatleben im Rahmen der Pandemie belastet fühlt. Die Ergebnisse zeigten auch, dass Frauen, die den Spagat zwischen Kinderbetreuung und Berufstätigkeit im Homeoffice meistern mussten, besonders von psychischen Erschöpfungszuständen betroffen waren. Belastungsfaktoren wie die permanente Erreichbarkeit und daraus resultierende Überstunden oder auch ein mangelndes Zugehörigkeitsgefühl durch fehlenden Kontakt zum Team können sich körperlich z.B. in Form von Kopfschmerzen, Schlafstörungen, einem erhöhten Puls und innerer Unruhe äußern. Generalisierte Angststörungen und Depressionen sind eine mögliche Folge.

Führung in Krisenzeiten

Das mentale Wohlbefinden gilt im beruflichen Kontext oft als „Privatsache“. Eine Krankmeldung, die auf ein offensichtliches körperliches Leiden wie einen Knochenbruch zurückzuführen ist, wird nach wie vor eher akzeptiert als eine Abwesenheit aufgrund einer psychischen Erkrankung. Betroffene fühlen sich schnell stigmatisiert und legen die tatsächlichen Ursachen für ihre Fehlzeiten daher erst gar nicht offen. Aber nur wer Probleme erkennt und klar benennen kann, hat die Chance, sie zu lösen. Es ist daher längst überfällig, dass wir einander für mögliche Symptome psychischer Belastungserscheinungen sensibilisieren. Das beginnt mit einem offenen Austausch zwischen Mitarbeitenden und Führungsverantwortlichen sowie Aufklärungs- und Präventionsarbeit seitens des Arbeitgebers.

Allerdings haben die wenigsten Unternehmen im Zuge der Corona-Krise Maßnahmen ergriffen, um auf die psychische Mehrbelastung ihrer Beschäftigten zu reagieren. Dabei tragen Führungskräfte auch hinsichtlich der mentalen Gesundheit ihrer Teammitglieder eine besondere Verantwortung. Virtuelle Führung erfordert eine aktive, empathische Kommunikation sowie eine spürbare Vertrauenskultur. Dabei ist es besonders wichtig, die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden anzuerkennen und ihre Resilienz zu steigern, um sie für veränderte (Arbeits-)Bedingungen in Krisenzeiten zu wappnen. Ein weiterer, oft unterschätzter Einflussfaktor für die psychische Gesundheit ist eine authentische Wertschätzungskultur. Hiermit wird ein menschliches Urbedürfnis, nämlich anerkannt zu werden und den Sinn des eigenen Handelns für andere zu erkennen, angesprochen. Wer sich wertgeschätzt fühlt, arbeitet motivierter, ist stressresistenter und identifiziert sich stärker mit seiner Tätigkeit sowie dem Unternehmen, was in eine geringere Krankheits- und Fluktuationsquote mündet.

Fazit: Tabus brechen & psychische Widerstandsfähigkeit stärken

Ein Zusammenhang zwischen Führungskultur und der psychischen Gesundheit von Teammitgliedern ist in jedem Fall gegeben. Wesentliche Hebel, die Führungskräfte zur Förderung eines gesunden Arbeitsumfelds nutzen können, sind echtes Vertrauen, authentische Wertschätzung sowie die Förderung der psychischen Widerstandsfähigkeit. Darüber hinaus ist es an der Zeit, dass Unternehmen vermeintliche Tabus brechen, sich mit dem Thema psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz befassen und aktiv auf die damit verbundenen Herausforderungen reagieren. Die Mühe lohnt sich – für langfristig gesundes und zufriedenes Personal!

 

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