29.08.2024
Arbeitswelt
Patrick Eichhorn

Outplacement: alter Hut oder Evergreen?

Outplacement wurde in seiner Form zum ersten Mal in den USA für Veteranen (hier brauchen wir nicht gendern) nach dem Zweiten Weltkrieg angeboten: Soldaten mussten, meist nach traumatischen Erlebnissen und/oder körperlich schweren Verletzungen, ins zivile Leben eingegliedert werden. Erste Outplacement-Berater (auch hier: Gendern nicht notwendig) gab es damit schon in den Vierzigerjahren.

Die Idee des Outplacement schlummerte dann im Wirtschaftsboom erst mal selig vor sich hin, bis sie Ende der 60er Jahre – erneut von den Amerikaner*innen – wieder aufgegriffen wurde.

Outplacement gibt es in Europa seit den 1990er Jahren

Outplacement hat nicht nur Vorteile. Für Arbeitgeber ist es erstmal mit Kosten verbunden. Trotzdem kann sich der Aufwand lohnen (iStock/Genestro)

Outplacement: Ein „Trend“ aus den 90ern?

Die Outplacement-Welle schwappte tatsächlich erst in den 90ern so richtig nach Europa, als sich erste Outplacement-Beratungshäuser selbst erschaffen haben. Da hatten sie auch gleich einiges zu tun: gerade die Beschäftigungskrise im Maschinenbau nach der Wende hat die deutschen Unternehmen gebeutelt. Daraus resultiert übrigens unser heutiger Fachkräftemangel: Nach der sogenannten Ingenieurkrise gingen die Absolvent*innenzahlen um fast 10 Prozent (gemessen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Hochschulabsolvent*innen) zurück.

Aber auch heute gibt es noch Outplacement-Angebote und entsprechende (teils renommierte) Beratungshäuser. Wieso eigentlich, wo doch die ganze Nation vom Fachkräftemangel spricht?

Technischer Fortschritt

Gerade in der fortschreitenden Digitalisierung und Automatisierung liegt begründet, warum einige Positionen so, wie sie derzeit ausgeführt werden, in Zukunft oder auch bereits jetzt nicht mehr gebraucht werden. Andere Qualifikationen sind notwendig: Aus der Fließbandarbeiterin der 80er Jahre ist beispielsweise inzwischen vielerorts eine Maschinenbedienerin geworden. Aber nicht jede*r ist dem Fortschritt gewachsen oder gewillt. Das ist ein Ansatzgebiet (von tausenden) für Outplacement, also für einen Prozess, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmenden in einem Beendigungsprozess aktiv in der Findung einer neuen Arbeitsstelle unterstützt.

Warum tut er das?! Vorteile für Arbeitgeber:

  1. Imagepflege:
    Wer Outplacement anbietet, zeigt soziale Verantwortung und stärkt damit ganz charmant nebenbei das (möglicherweise leicht angekratzte) Unternehmensimage. Keine schlechte Sache also.
  2. Reduzierung von Konflikten:
    Mit einem Outplacement-Angebot lassen sich rechtliche Auseinandersetzungen minimieren. Die Arbeitgeberseite zeigt direkt ein Entgegenkommen, und die entlassene Arbeitskraft fühlt sich nicht alleingelassen. Win-Win also.
  3. Mitarbeiterbindung:
    Klingt paradox, oder? Ein geordnetes Trennungsmanagement wirkt sich aber positiv auf die Moral der verbleibenden Belegschaft aus. Das gilt übrigens auch z.B. für einen strukturierten Offboardingprozess oder ein Ausstiegsinterview.

Warum sollte ich als Arbeitnehmer*in ein Outplacement-Angebot wahrnehmen?

Dafür gibt es im Wesentlichen 3 Gründe:

  1. Orientierungs- und Umsetzungsunterstützung:
    Outplacement bietet aktive Unterstützung bei einem Thema, das bei der betreffenden Person möglicherweise noch nie oder schon lange nicht mehr auf der Agenda stand: berufliche Orientierung. Gemeinsam mit der Outplacementberatung wird nach neuen Karrierewegen gesucht. Eigene Kompetenzen werden analysiert, gestärkt und in neuem Licht betrachtet. Hieraus ergibt sich oft auch eine Chance, die ein*e Arbeitnehmer*in im gewohnten Umfeld nie entdeckt hätte.
  2. Stressreduzierung:
    In aller Regel ist der Wegfall eines Arbeitsplatzes eine enorme Belastung für Arbeitnehmende. Die Sicherheit in Form einer professionellen Unterstützung, z.B. für die Erstellung von Bewerbungsunterlagen oder auch um die richtige Richtung für sich zu finden, kann ein Kraftspender sein, um die neuen Herausforderungen gezielt angehen zu können.
  3. Netzwerkerweiterung:
    Arbeitnehmer*innen erhalten durch professionelles Outplacement Zugang zu Netzwerken und Ressourcen, die ihnen bei der Jobsuche ansonsten möglicherweise verwehrt blieben. Darüber hinaus sind Outplacementberater*innen meist selbst sehr gut vernetzt und können in Einzelfällen direkte Verbindungen zu neuen potenziellen Arbeitgebern oder Entscheider*innen auf Unternehmensseite bieten.

Nachteile für beide Seiten

Wo Licht ist, ist auch Schatten: Für Arbeitgeber entstehen durch ein Outplacement-Angebot zusätzliche Kosten. Die Wahl der Outplacementberatung, die Verhandlung mit der Arbeitnehmer*innenseite und die Ausgestaltung des Angebots fressen außerdem Zeit.
Bei den Arbeitnehmer*innen sei erwähnt, dass durch eine Outplacement-Beratung auch eine gewisse Lethargie entstehen kann: Das Thema wird erst mal abgegeben. Ein*e Outplacementberater*in kann letztlich jedoch die Aktivität des Coachees nicht übernehmen. Wie sagt man so schön: Man kann jemanden ins Wasser schubsen, aber schwimmen muss er/sie dann schon selbst.

Machen oder nicht machen?

Outplacement bietet ganz klar zahlreiche Vorteile in einem Trennungsprozess. Es mag etwas antiquiert daherkommen. Das Angebot einer Outplacementberatung bei drohendem Verlust des Arbeitsplatzes sollte aber zunächst durchweg positiv bewertet werden. Aus Aussagen wie „Die lassen sich das aber was kosten, mich loszuwerden“ sprechen oft noch die pure Verletzung und umfassen nicht die tatsächliche Geste, für die ein Outplacementangebot steht: Die Handreichung.

 

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