Wer erinnert sich noch an die Pandemie 2020-2022? In Rekordzeit wurden Schulen geschlossen, Ausgangssperren verhängt, Ausnahmesituationen formuliert und kritische Infrastrukturen definiert. Es entstanden Impfzentren und spezielle Bereiche in Krankenhäusern sowie Arztpraxen, und mit beeindruckender Schnelligkeit bildeten sich Einkaufsservices und Nachbarschaftshilfen. Gleichzeitig hat die Pandemie einen Trend rasant beschleunigt, der unsere Arbeitswelt nachhaltig verändert hat: das Homeoffice.
Es war einmal …
Ich persönlich erinnere mich an meinen 40. Geburtstag auf einem Klappstuhl im Vorgarten vor der Ausgangssperre um 20 Uhr, während meine Liebsten „aus anderen Haushalten“ ihre Ausgangserlaubnis nutzten, um an meinem Klappstuhl vorbeizuspazieren und mir vom Gehweg aus 1,5 m Entfernung zu gratulieren. Sogar die Polizei war damals da, aber nicht um zu gratulieren, sondern um die Einhaltung der Regeln (max. 3 Haushalte usw.) zu überwachen.
Klingt heute schon fast unwirklich, oder? Andere Haushalte treffen, war so ein Ding. Ins Büro gehen auch: Man durfte, musste sich aber vorher vergewissern, dass niemand sonst da war. Homeoffice wurde endlich (!) etabliert. Wenn auch unter Druck: Ohne diese Option wären ganze Industriezweige schlicht zum Erliegen gekommen.
Und heute?
Beim Thema Homeoffice scheiden sich immer noch die Geister. Unternehmen möchten die „Freiheit“ durch Homeoffice wieder einschränken, Arbeitnehmende wollen die Möglichkeit behalten, auch wenn sie davon längst nicht mehr fünf Tage pro Woche Gebrauch machen möchten. Und immer wieder kommt das erschlagende Argument: Im Homeoffice wird doch nicht richtig gearbeitet.
„Der ist dauernd gelb“ oder „Wann immer ich ihn anrufe, geht er nicht gleich dran“ sind Sätze, die wir auch in unseren Workshops für Führungskräfte immer wieder hören. Messbar ist diese Unproduktivität im Vergleich zu jener in Büroanwesenheit jedoch nicht: Das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e.V. (ifaa) hat hierzu eine Vielzahl von Studien ausgewertet und ist im Juli 2024 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Einschätzung der Produktivität im Homeoffice im Vergleich zum Büro stark von der subjektiven Wahrnehmung abhängt und (u.a. aufgrund heterogener Erhebungsgrundlagen) nicht faktenbasiert belegt werden kann.
Empowerment – das Zauberwort
Das Problem ist nicht die Produktivität der Mitarbeitenden. Das Problem ist das mangelnde Vertrauen der Vorgesetzten in die Selbstorganisation, die Eigenverantwortung und den Erfolgswillen der Mitarbeitenden. Das Zauberwort heißt Empowerment: Ermutige dein Team zur Eigenverantwortung und führe es zur Entscheidungsfähigkeit. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Mit den richtigen Teammitgliedern ist Homeoffice eine Bereicherung!